Es haben sich über die letzten Paar Wochen einige Unfälle von besonderem Interesse angesammelt (danke für die Link-Einsendungen):

  • Auffahrunfall, LKW gegen Bagger. Fahrer Eingeklemmt, sowohl LKW als auch Bagger lassen sich nicht bewegen: Feuerwehr Schleiz
  • A93: LKW fährt auf Stauende auf und begräbt PKW unter sich, 2 Tote, massive Deformation: PNP
  • Big Lift in Bochum: Anheben eines LKW mit Kissen und Wagenheber um PKW zu befreien: Der Westen
  • Baufahrzeug auf Auto
  • Zu guter letzt ein extrem kniffeliger Einsatz: Betonteile abstützen, LKW-Fahrer aus der zertrümmerten Kabine befreien: Feuerwehr Feucht

Tiefbauunfall in LA: ein Arbeiter war in einem 8x8x11 (2,50×2,50 und 3,3 Meter) tiefen, ungesicherten Loch beschäftigt, als er von einem Einsturz begraben wurde. Laut diesem Inverview von besonderem Interesse: bis zu 3 TF-Teams vor Ort, und zur Ortung musste seitlich gegraben werden. Der Arbeiter überlebte den Unfall nicht.

Im Interview auch die Frage nach dem Gewicht von 5 Fuss Erdreich. Bei einer Kantenlänge von 2,50 und einer Tiefe von 1,5m haben wir etwas über 9 Kubikmeter, bei einer Dichte von 2,5 sind das also mehr als 23 Tonnen (!). In der Tat nicht zu überleben. (LAFD)

Zur Kurzmeldung im FWnetz, die sich auf die zwei getöteten FA beim Überschlag einer Engine bezieht. Sieht man sich die Lage genauer an (Fotostrecke), darf man sich ruhig die Frage stellen: wo ansetzen und sichern, wenn es ein Emergency Lift werden soll?

Das grundsätzliche Problem ist im Bild oben zu sehen: Lage war eine US-Engine auf Dach auf PKW. Ziel war das Anheben der Engine um an die Eingeklemmten im PKW zu kommen.

Dachlage ist kniffelig: an die „guten“ Ansatzpunkte, insbesondere den Rahmen, kommt man nicht ran, weil diese nunmehr oben sind. Die komplette Karosse ist weich, es wird also schwierig, egal welches Mittel man wählt. Genauso schwierig wird die Abstützung. Eine Lösung würde in etwas so aussehen:

Ziel ist, die wenigen „harten“ Punkte für sich zu nutzen. Falls eine Einklemmung vorliegt, und wir anheben müssten, bieten sich an: Kabinendach als Auflagefläche für Niederdruck-Hebekissen. 10 Tonnen auf zwei Kissen verteilt reichen auf jeden Fall. Die Türen müssen wegen der Versorgung sowieso entfernt werden, somit könnte man eventuell am robusten Schweller ansetzen. Die seitliche Abstützung wird, wenn sich das Fahrzeug weiter aufrichtet, immer weniger. bis man (theoretisch) nur noch auf den Kissen aufsetzt, wie im Bild oben.

Wenn allerdings, wie im Fall in den USA, das Kabinendach eingedrückt ist, haben wir möglicherweise ein strukturelles Problem. Wenn wir anheben drücken wir nur das Dach weiter nach oben, ohne einen Platzgewinn zu schaffen. Auch das kann – wenn die Situation das hergibt – gelöst werden. Hier ist ein Beispiel:

Der einizige Ansatzpunkt für ein Kissen ist unter der vordersten Säule. Problem: diese ist beschädigt. Die Lösung in diesem Fall war so:

Wir haben mit einer Stütze eine künstliche Säule gesetzt. Im Fall des Kabinendachs könnte man auch versuchen, im Innenraum eine oder mehrere Stützen zu setzten um den Überlebensraum zu sichern.

Wie gesagt, dies ist nur eine Lösungsmöglichkeit, die im aktuellen Fall uU nicht durchführbar ist, aber zur Orientierung dienen kann. Sie ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, was ein „Lift“ ist: eine Veränderung der Lage. Wir stabilisieren nicht nur, wir greifen aktiv ein und bringen eine Dynamik hinein, die wir stets unter Kontrolle haben müssen.

Es ist relativ leicht, bei mir massive Pluspunkte zu sammeln, beispielsweise so: Vorstellung des Rollcontainer „Stabilisieren“, den wir auf dem Stand auf der Interschutz erstmals dabei hatten. Was der genau kann, wird später vorgestellt (Stabilisieren bei schweren VU, Tiefbauunfälle und Gebäudeabstützung. Hier geht’s darum, dass er wunderschön in der aktuellen Brandschutz zu sehen ist, Seite 568. Hurra!

Auf Youtube gefunden: Eric durfte ich letztes Jahr in USA kennenlernen. Sein Job ist wie der meine, nur für die US-Westküste und nicht Nordeuropa :) Hier erklärt er die grauen Stützen:

Das Video ist ein bissi älter, die Bodenplatten sehen inzwischen etwas anders aus. Eric ist übrigens Mitglied der CA-TF4.

Hochdruck-Hebekissen: Grundlagen from Irakli West on Vimeo.

Hier das erste Heavy Rescue-Video, Grundlagen Hochdruck-Hebekissen mit praktischen Beispielen. Leider ist der Ton nicht so dolle, beim nächsten Mal wird’s besser, dafür ist das Video in HD :)

Das nächste geplante Video ist das Sichern, Anheben, Abstützen und „Frangen“ des Anhängers. Viel Spaß beim Schauen!

Kein Einfacher Einsatz für die Berliner Feuerehr: Bagger in Baugrube. Im Englischen spricht man eher nicht von einer trench, sondern von einer excavation, da Breite > Tiefe, wenn auch dieses >1,20m. Das ist allerdings nur ein kleines Detail.

Abgesehen von der Schwierigkeit, die Personen mit Kissen und Kran zu bergen / retten, ein interessantes Detail, wichtig bei der Erkundung: Der Bagger hat scheinbar mindestens eine, eher zwei oder gar mehr Abstützungen mitgenommen, und nun hat man potenziell instabiles und ungesichertes Erdreich. Dass der Verbau etwas nachgibt, ist in diesem Bild gut zu sehen, es besteht die Gefahr von Nachrutschen und einer ernsthaften Einklemmung des Rettungspersonals.

Ich denke jedoch, in diesem Fall ist das Einsetzen von Personal im Gefahrenbereich zumindest für die Rettung vertretbar. Für die Phase der Bergung kann man sich schon überlegen, ob man nicht zuerst sichert.

In Graz (Österreich) wurde ein Arbeiter in einer ungesicherten Grube (Deep Trench, 4 Meter Tiefe) bis zur Hüfte von Lehm begraben. Mit viel Glück überlebte er das Unglück – der Kollege von der Höhenrettung Graz imho auch. Immerhin wurde gesichert, aber Erdreich bewegt sich auch lateral und vertikal, und ein Brett ist einfach nicht ausreichend. Aber: wie in vielen Fällen verlief die Rettung glimpflich. Links: BF Graz, Fireworld AT)

Nicht ganz so viel Glück hatte ein anderer Arbeiter, aber über diesen Unfall ist keine Information verfügbar.

Danke an Christian und Georg für die Links!

Beim Stöbern durch alte Bilder und Videos gefunden: Erste Eindrücke vom Trench auf der FDIC in Indy. Wenn ich damals (2008) gewusst hätte, dass mein heutiger Arbeitgeber dir Stützen herstellt, was hätte ich mir gedacht?

Im „Big Lift“ Vortrag nimmt der gemeine Kran an sich einen großen Teil der Präsentation ein. Dabei kommt es vor Allem darauf an, die Einsatzgrenzen eines Krans zu verstehen, inklusive aller Vor- und Nachteile. In diesem Bericht ist zu sehen, dass der angeforderte Kran zum Aufrichten nicht ausgereicht hat, und dass Hebekissen zum Einsatz kamen.

Aus meiner Sicht war das Problem nicht die Größe des Krans, sondern eher die Aufstellfläche: weicher Boden, keine volle Abstützung möglich, ausserdem ziemlich grosse Ausladung. Somit war der 10-Tonnen-Lift (unter der Annahme, der Tank des LKW sei eher leer als voll, zulässiges Gesamtgewicht 30 Tonnen, davon die Hälfte, abzüglich nicht ganz voll = 10 Tonnen) trotz 6facher Einscherung nicht möglich. Danke an Ulli für den Link!